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Armand Borel

Balzan Preis 1992 für Mathematik

Für seinen grundlegenden Beitrag zur Theorie der Lieschen Gruppen und zur Theorie der algebraischen und arithmetischen Gruppen sowie für seine unermüdlichen Bemühungen um hohe Massstäbe in der mathematischen Forschung und die Verbreitung neuer Ideen.

Das umfangreiche mathematische Werk Armand Borels (1923 – 2003) hat sein Zentrum in der Theorie der Lieschen Gruppen – im weitesten Sinn dieses Begriffs. Durch ihre vielfältigen Aspekte und zahlreichen Anwendungen hat diese Theorie in der Mathematik allgemein einen zusehends breiteren Raum eingenommen und dazu geführt, dass die Arbeiten Borels einige der wichtigsten Entdeckungen der letzten Jahrzehnte beeinflusst haben.
Seine erste bedeutende Leistung war die Anwendung der vor und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von J. Leray, H. Cartan, N. Steenrod und andern entwickelten mächtigen Verfahren der algebraischen Topologie auf die Lieschen Gruppen und die homogenen Räume. Was man heute von den kohomologischen und homotopischen Invarianten der Lieschen Gruppen und der symmetrischen Räume weiss, verdankt man im wesentlichen den Forschungen, die Armand Borel allein oder gemeinsam mit andern unternommen hat.
Seit 1955 hat sich Armand Borel mit der Theorie der algebraischen Gruppen beschäftigt. Sein klassisch gewordener Aufsatz: “Groupes linéaires algébriques” (Annals of Mathematics, 1956) ist ein Meilenstein in der Geschichte dieser Theorie. Unter anderem eröffnete er den Weg zur kurz danach von C. Chevalley vollendeten Klassifikation der halb-einfachen Gruppen über algebraisch abgeschlossenen Körpern. Später veröffentlichte Borel (gemeinsam mit J. Tits und T.A. Springer) eine Reihe von Arbeiten über die sog. “relative” Theorie, die für Anwendungen von grosser Bedeutung ist, sowie über Rationalitätsfragen und über “abstrakte” lsomorphismen algebraischer Gruppen.

Gleichzeitig untersuchte und löste Borel (in Zusammenarbeit mit Harish-Chandra und mit W. Baily) einige der wichtigsten und entsprechend schwierigen Probleme der Theorie der arithmetischen Gruppen, wie die Reduktionstheorie, die Angabe von Kokompaktheitskriterien, die Kompaktifizierung von Quotientriumen, usw.
In den letzten zwei Jahrzehnten hat er sich hauptsächlich mit den folgenden Themen beschäftigt:
Kohomologie der arithmetischen Gruppen und ihre Anwendungen auf die K-Theorie, neue Gesichtspunkte der kohomologischen Theorien (L2-Kohomologie, Intersektions-Kohomologie, …), automorphe Funktionen und unendlich-dimensionale Darstellungen der reellen und p-adischen Lieschen Gruppen. Auf jedem dieser Gebiete hat er entscheidende Beiträge verfasst.
Ein Grundzug von Borels wissenschaftlichem Werk ist der systematische und sozusagen definitive Charakter seiner Beiträge zu zahlreichen, vielfältigen, immer bedeutenden und schwierigen Fragen.
Von seinen rund 145 Aufsätzen wurden die vor 1982 erschienenen 1983 in drei Bänden “Collected Papers” im Springer-Verlag gesammelt. Zu seinen übrigen Werken gehören:
– Ensembles fondamentaux pour les groupes arithmétiques et formes automorphes, annotazioni di un corso tenuto all’Inst. H. Poincaré 1964, redatte da H. Jaquet, J.-J. Sansuc e B. Schiffmann, Ecole Normale Supérieure, Parigi 1967;
– Introduction aux groupes arithmétiques, Actualités Sci. md. no. 1341, Hermann, Parigi 1969;
– Linear Algebraic groups (Annotazioni di H. Bass), Math. Lecture Notes Series, Benjamin Inc. New York, 1969; Y edizione interamente riveduta e ampliata, Springer-Verlag 1991;
– Représentations de groupes localement compacts, Lect. Notes Math. 276, 1972.
Doch die Bedeutung Armand Borels für die heutige Mathematik beruht nicht nur auf dem Wert seiner Arbeiten. Dank der besonderen Stellung, die er am Institute for Advanced Study in Princeton einnimmt und dank seiner aussergewöhnlichen Schaffenskraft spielt er in der internationalen Welt der Mathematiker eine hervorragende Rolle als Organisator, als Anreger und Verbreiter neuer Ideen. Insbesondere war er immer wieder der Promotor von Seminaren und Sommerschulen, an denen aktuelle Themen auf höchsten Niveau behandelt wurden. Von manchen hat er Tagungsberichte veröffentlicht, die Beiträge aus seiner Feder enthalten und zu Standardwerken für das jeweilige Thema geworden sind:

– Seminar on transformation groups (Princeton, 1958-59), Annals of Mathematical Studies no. 46, Princeton University Press, 1960;
– Algebraic groups and discontinuous subgroups (A.M.S. Summer School, Boulder, 1965, ed. A. Borel – G.D. Mostow), Proc. Symposia Pure Math., no. 9, 1966;
– Seminar on algebraic groups and related finite groups (Princeton, 1968-69), Springer Lecture Notes in Math. no. 131, 1970;
– Automorphic forms, representations and L-functions (A.M.S. Summer School, Corvallis, 1977, ed. A. Borel – W. Casselman), Proc. Symp. Pure Math., no. 33, 1979;
– Continuous cohomology, discrete sub groups and representations of reductive groups (Princeton, 1978-79, ed. A. Borel – N. Wallach), Annals of Math. Studies no. 94, Princeton University Press, 1980;
– Intersection cohomology (Berna, 1983), Progress in Math. vol. 50, Birkhäuser Verlag, 1984;
– Algebraic D-modules (A. Borel ed altri), Perspectives in Math. no. 2, Academic Press, 1987.

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