USA und Frankreich/Luxemburg

Bruce Beutler und Jules Hoffmann

Balzan Preis 2007 für Angeborene Immunität

Für ihre Entdeckung der genetischen Mechanismen, die der angeborenen Immunität zu Grunde liegen. In enger Zusammenarbeit haben sie ein neues Verständnis der molekularen Abwehrmechanismen entwickelt, die alle tierischen Organismen, von den einfachsten bis zu den hoch entwickelten, gegen Infektionserreger aktivieren. Ihre Arbeiten führen zu vielversprechenden medizinischen Anwendungen.

Die in der zweiten Hälfte des XX. Jahrhunderts betriebene immunologische Forschung betraf im Wesentlichen die zellulären und molekularen Mechanismen, welche die selektive Erkennung bakterieller oder viraler Antigene durch die T- und B-Lymphozyten des befallenen Organismus ermöglichen. Diese Zellen sind die Effektoren der erworbenen (adaptiven) Immunität, die in der Evolution der Wirbeltiere vor ca. 400 Millionen Jahren aufgetreten ist. Trotzdem blieben wichtige Fragen ungelöst, so diejenige nach den Mechanismen, welche zunächst die Erkennung der (durch die Haut und Schleimhaut-Epithelien) eingedrungenen Mikroben erlauben und anschliessend die erworbene Immunität bei höheren Tieren aktivieren und modulieren. Diese Rätsel wurden dank den Arbeiten von Hoffmann und Beutler gelöst.

Wirbellose Tiere verfügen über ein Abwehrsystem gegen Infektionserreger. Es ist weniger entwickelt als das der Wirbeltiere, und stützt sich auf die rasche Produktion von Eiweissen mit antimikrobieller und antifungaler (gegen Pilze gerichteter) Wirkung und breitem Wirkungsspektrum. Diese Art der Immunität wird als angeborene Immunität bezeichnet. Sie ist im Verlauf der Evolution früher aufgetreten als die erworbene, wurde aber auch bei den Säugern, bis hin zum Menschen konserviert.

Die Entdeckung der genetischen Mechanismen, die die angeborene Immunität bei Insekten auslösen und kontrollieren, gelang Jules Hoffmann und seinem Team der Universität Strassburg und wurde in einer Reihe brillanter Arbeiten publiziert, die ab Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts erschienen. Die 1996 in Cell erfolgte Publikation zeigte, dass das “Toll” genannte Gen eines membrangebundenen Rezeptors (bereits bekannt wegen seiner Rolle bei der Entwicklung der Drosophila) bei der Fliege für die Auslösung der Abwehr gegen eine Pilzinfektion ausschlaggebend ist und stellte eine der entscheidenden Etappen auf diesem Weg dar. In der Folge identifizierte die Strassburger Gruppe die an der Signalübertragungskette vom Toll-Rezeptor zur Produktion antibakterieller (gegen Gram-positive Erreger) und antifungaler Peptide beteiligten Gene sowie die Mechanismen zur Bekämpfung Gram-negativer Bakterien. Wenig später wurden bei Säugetieren die TLR (“Toll Like-Receptors”) entdeckt, bei denen es sich um das Pendant zum Toll-Rezeptor der Insekten handelt.

Professor Bruce Beutler hat 1998 als erster das Gen eines der TLR geklont, dessen Ligand ein bakterielles Lipopolysaccharid ist (LPS, auch Endotoxin genannt), das den septischen Schock verursacht. In der Folge wurden bei Säugetieren insgesamt 13 TLR identifiziert. Sie werden von den dendritischen Zellen, den B-Lymphozyten und von zahlreichen anderen Zelltypen exprimiert. Jeder TLR besitzt eine Spezifizität für eine antigene Substanz oder eine Gruppe davon: TLR4 erkennt das LPS, andere binden an Nukleinsäuren (TLR3, TLR7, TLR8 und TLR9), an Lipoproteine und Glykolipide (TLR2), an Flagellin (eine Komponente der bakteriellen Flagellen) (TLR5), usw. Die TLR erweisen sich als unverzichtbare Sensoren bei den Interaktionen des Organismus mit seiner Umwelt. Diese Entdeckungen haben zu klinischen Anwendungen geführt. Viele Forschungen über die TLR verfolgten das Ziel, in verschiedenen klinischen Situationen entzündliche Reaktionen zu verstärken, zu modulieren oder zu verhindern: z.B. ging es darum, bessere Impfstoffe zu entwickeln, allergische und Autoimmunreaktionen zu mildern und Immunschwächen zu beheben. Darüber hinaus hat Bruce Beutler den Tumor Necrosis Factor (TNF) isoliert und dessen wichtige Rolle bei entzündlichen Prozessen entdeckt. TNF-Blocker finden heute in der Medizin breite Anwendung, um das Fortschreiten gewisser Autoimmunkrankheiten zu hemmen.

Jules Hoffmann ist Mitglied des leitenden Gremiums des CNRS. Gegenwärtig ist er Präsident der Académie des Sciences, Institut de France.

Bruce Beutler ist Professor und Direktor des Department of Genetics am Scripps Research Institute in La Jolla, Kalifornien.

Die zwei Preisträger haben bei der Erarbeitung und Formulierung der heutigen Konzepte über die Abwehrmechanismen, die alle tierischen Organismen über das ganze Spektrum der Evolution gegen Infektionsagenzien einsetzen, aufs Engste zusammengearbeitet. Die Entwicklung unserer Kenntnisse über die genetischen und molekularen Mechanismen der angeborenen Immunität – der einzigen, über die die Wirbellosen verfügen –, hat unser Verständnis der Immunität bei Wirbeltieren revolutioniert. Ihrer Rolle bei der Immunabwehr war bis dahin nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Die Forschungsarbeiten der letzten zwei Jahrzehnte haben die Bedeutung der angeborenen Immunität bei den Säugetieren und beim Menschen, die Konservierung der molekularen und genetischen Mechanismen, durch welche sie im Laufe der Evolution kontrolliert wird, und ihre enge Beziehung zur erworbenen Immunität aufgezeigt.

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