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Paolo de Bernardis und Andrew Lange

Balzan Preis 2006 für Beobachtende Astronomie und Astrophysik

Für ihren Beitrag zur Kosmologie, im Besonderen mit dem Ballon-Experiment BOOMERanG in der Antarktis.

Die Galaxien des Universums entfernen sich von uns mit einer zu ihrer Distanz proportionalen Geschwindigkeit. Dies weist darauf hin, dass das Universum in der Vergangenheit viel kleiner und dichter war als heute und führte zur Entwicklung der Idee des Urknalls  (Big Bang). Diese Theorie wurde 1964 bestätigt, als A. Penzias und R. Wilson entdeckten, dass das Universum von einer  “Hintergrundstrahlung”,  dem so genannten  “Cosmic Microwave Background” (kosmischer Mikrowellenhintergrund-CMB) durchflutet ist. Diese Strahlung im Wellenlängenbereich von wenigen Millimetern trifft aus allen Richtungen in gleicher Stärke ein. Die natürlichste Erklärung dafür ist, dass es sich bei diesen Strahlen um einen Rest eines sehr frühen und sehr heissen Stadiums der Entwicklung des Universums handelt.

Wenn man sehr ferne Regionen des Universums betrachtet, ist dies auch ein Blick in die Vergangenheit, denn das Licht braucht viel Zeit, um uns aus entfernten Lichtquellen zu erreichen. Als das Universum weniger als einige Hunderttausend Jahre alt war, war es noch sehr heiss und alle Atome waren ionisiert: das Weltall war von einem Nebel freier Elektronen erfüllt, der das Licht streute und uns heute daran hindert, bis zum Ursprung des Universums zurückzuschauen. Etwa 380’000 Jahre nach dem Urknall kühlte das Universum genügend ab, um die Rekombination der Atomkerne und Elektronen zu Atomen zu erlauben. Der Elektronen-Nebel löste sich auf und von diesem Zeitpunkt an konnte die Wärmestrahlung das Universum ungehindert durchdringen. Die Hintergrundstrahlung birgt somit das genaue Abbild des frühen Universums ab diesem Zeitpunkt in sich. Auf Grund der Expansion des Universums dehnte sich auch die Wellenlänge der Strahlung und diese wurde auch schwächer: einst blendendes sichtbares Licht ist es heute nur noch ein schwacher Mikrowellenhintergrund. Diese Strahlung ist praktisch gleichförmig: im gesamten Universum variiert ihre Intensität um weniger als 1: 10’000. Und doch verursachen gerade diese Fluktuationen die Entstehung von Strukturen, aus denen sich dann Gruppen (“Clusters”) von Galaxien, Galaxien, Sterne und Planeten gebildet haben. Die Anwendung der Messung der Intensität dieser Fluktuationen der Hintergrundstrahlung zur Überprüfung unserer Konzepte über Geschichte, Geometrie und Zusammensetzung unseres Universums stellt einen der spektakulärsten Durchbrüche der Wissenschaftsgeschichte der letzten 50 Jahre dar. 

Das vom Team Lange/de Bernardis eingesetzte hochempfindliche Mikrowellen-Teleskop BOOMERanG wurde am 29. Dezember 1998 von der McMurdo Station in der Antarktis gestartet und von einem Stratosphärenballon auf eine Höhe von 38 km getragen, wo der niedrige Luftdruck und der geringe Wasserdampfgehalt diese Art von Messungen begünstigen. Die Messungen wurden über elf Tage ohne Unterbrechung durchgeführt. Bei einem zweiten Flug im Jahre 2003 wurde eine für die Polarisation sensible Variante des gleichen Instruments benutzt.

BOOMERanG lieferte ein detailliertes Bild der schwachen Fluktuationen des beinahe perfekt homogenen Mikrowellenhimmels und erlaubte die Erfassung der charakteristischen Grösse der “hot and cold spots”, deren Variation viel über die Natur des Universums verrät. Die Analyse der Bilder von BOOMERanG brachte die Lösung eines der schwierigsten und ältesten Probleme der Kosmologie, nämlich desjenigen der Geometrie des Universums: es zeigte sich, dass die Expansion des Weltalls so weit fortgeschritten ist, dass die Krümmung extrem schwach, das Universum folglich im Wesentlichen flach ist und der euklidischen Geometrie entspricht. Dieses Konzept stellt einen ernsthaften Prüfstein für die “Inflationstheorie” dar, derzufolge sich das ganze der Beobachtung zugängliche Weltall Sekundenbruchteile nach dem Urknall während einer kurzen Zeit schneller als die Lichtgeschwindigkeit ausdehnte. Aus den von BOOMERanG gesammelten Daten schloss man, dass das Weltall ca. 13.5 Milliarden Jahre alt ist und dass nur 4% seiner Energie und Masse in Form gewöhnlicher, uns bekannter Form und Materie vorhanden sind. Der Rest ist “dunkle” Materie und Energie, deren Natur noch immer ein Rätsel ist.

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