USA

Edward Shils

Balzan Preis 1983 für Soziologie

Für seinen bedeutenden wegweisenden und einzigartigen Beitrag zur gegenwärtigen Soziologie, wodurch er die mehr empirisch ausgerichtete Tradition der amerikanischen Soziologie mit der eher theoretischen der europäischen Soziologie verbindet, die geistige und ethische Verantwortung der Sozialwissenschaften analysiert und verteidigt, die Bedeutung der kulturellen Entwicklung und Überlieferung sowie der religiösen Orientierung in der Herausbildung sozialer Ordnungen in den Vordergrund rückt.

Edward Shils (1910 – 1995), Distinguished Service Professor an der Universität Chicago und Fellow of Peterhouse, Cambridge, England, ist einer der bedeutendsten und einflussreichsten Soziologen der Welt.

Er verstand es, die in erster Linie empirisch ausgerichtete Tradition der Soziologenschule von Chicago mit dem theoretischen Gedankengut europäischer Sozialwissenschaftler wie Simmel, Weber und Mannheim zu verbinden und — vielleicht mehr als jeder andere Sozialwissenschaftler — die Bedeutung der Einbringung beider Traditionen in ein einheitliches gedankliches Konzept aufzuzeigen. Damit leistete er einen bedeutenden Beitrag zu einer wahrhaft allgemeinen Soziologie im Unterschied zu einer jeweils „französischen“, „deutschen“ und „amerikanischen“ Soziologie.

Sein bedeutender und innovativer Beitrag zur Soziologie, in Analyse und Theorie, sowie zur Ausbildung einer sozialwissenschaftlichen Tradition als Teil des Geisteslebens unserer Zeit beruht vor allem auf dem Konzept der Entwicklung einer modernen Sozialordnung, in welcher dem Wert des Bürgersinns eine zentrale Bedeutung zukommt und in der die verschiedenen Elemente der kulturellen Tradition, der menschlichen Interaktion und der religiösen Orientierungen in einer harmonisch aufgebauten staatsbürgerlichen Ordnung vereinigt sind.
Von grosser Bedeutung war sein lebendiges Interesse für die Entwicklungsländer, wie auch seine Tätigkeit in Indien, in deren Rahmen er bei dessen Aufbaubemühungen Pionierleistungen erbrachte, wobei sein Interesse stets den Bildungseliten und Bildungsinstitutionen sowie den humanistischen Aspekten der Soziologie galt.

Daher wurzeln seine zahlreichen Untersuchungen über die verschiedenen Aspekte und Erscheinungsformen der Geistesgeschichte und der sozialen Verhaltensweisen der Bildungseliten, seine Analysen der Ideologien und der Bildungs- und Forschungseinrichtungen, welche tiefgehende Analysen soziologischen Charakters enthalten, in seiner grundlegenden Beschäftigung mit den Formen, in denen die Bildungseliten als Träger der bedeutendsten kulturellen Traditionen wie auch die Bildungseinrichtungen zur Entwicklung oder aber zur Beeinträchtigung einer gegebenen Sozialordnung beitragen.
Dieses Anliegen war auch seine Richtschnur bei der Herausgabe des „Bulletin of the Atomic Scientists“ und der Zeitschrift „Minerva“, bei der er einen für die geistige Situation unserer Zeit ungewöhnlichen Mut bewies.

In ähnlicher Weise gründet seine Analyse der Entwicklung und Institutionalisierung der Soziologie — wie sein ganzes wissenschaftliches Werk — nicht nur auf einer aussergewöhnlichen Belesenheit und Bildung, sondern entspringt auch seiner tiefen Überzeugung von der Rolle, welche die Soziologie als Träger aufgeklärten Denkens in den modernen Massengesellschaften wahrnehmen könnte, und das im Gegensatz zu den verschiedenen ideologischen Strömungen und Ausrichtungen, die in der heutigen Soziologie anzutreffen sind.
Allen seinen Werken gemeinsam ist die Betonung der Bedeutung einer Orientierung des Menschen am Übernatürlichen, die Analyse und Neubegründung der Begriffe Schichtung, politische Herrschaft und der sich daraus ergebenden Rolle der Bildungseliten, wie auch seine wegweisende Analyse der Stärke und Schwäche wirtschaftlicher, politischer und kultureller Machtzentren in traditionellen und modernen Gesellschaften.

Alle diese Gesichtspunkte bieten weitreichende Erkenntnisse und Denkanstösse für neue Ansätze in der systematischen sozialwissenschaftlichen Forschung, die ungeheuer innovativ und kreativ sind und dem Autor eine einzigartige Rangsteilung in der Soziologie unserer Tage geben.

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