USA

James Sloss Ackerman

Balzan Preis 2001 für Geschichte der Architektur

Für seine hervorragenden Arbeiten zur Geschichte der Renaissancearchitektur, die den Weg zu einer modernen, auf der kritischen Untersuchung der geschriebenen und künstlerischen Quellen beruhenden Form der Architekturgeschichte gebahnt haben.

James Sloss Ackerman (*1919–†2016), einer der bedeutendsten Gelehrten für Kunstgeschichte und Architektur, wurde 1919 in San Francisco geboren. Er lehrte zunächst in Berkeley und dann bis 1990 in Harvard. Während des Zweiten Weltkriegs leistete Ackerman seinen Militärdienst bei der amerikanischen Armee in Italien ab, wo er seine Kenntnisse über die italienische Renaissance vertiefen konnte, für die er heute als der herausragende Experte gilt. Seine Bücher werden aufgrund ihrer wissenschaftlich stringenten Methode als grundlegend für ihr Genre betrachtet: die Monographie über Architektur, die Künstlerbiographie oder die Untersuchung über eine besondere architektonische Typologie. Zum ersten Genre gehört The Cortile del Belvedere aus dem Jahre 1954, zum zweiten seine bedeutenden Arbeiten aus den sechziger Jahren über die Bauten Michelangelos und Palladios, während zur dritten Gattung The Villa: Form and Ideology of Country Houses aus dem Jahre 1990 zu zählen ist. Im letztgenannten Werk untersucht Ackerman die gemeinsamen und spezifischen Elemente dieses Bautyps von der römischen Villa bis zu Wrights „Haus an den Wasserfällen“. Trotz der großen Vielfalt an Formen, die die Villa nach und nach annahm, gewinnt man den Eindruck, daß die mit ihr verbundene Ideologie im Grunde genommen bis heute unverändert geblieben ist. Neben den größeren Werken stehen Hunderte von Artikeln über die Architekturgeschichte der Renaissance, über die Beziehungen der Künste zu den Wissenschaften und über die intellektuellen, moralischen und sozialen Grundlagen der Lehre.

James Sloss Ackerman ist der Nestor der internationalen Gemeinschaft von Architekturhistorikern, deren Forschungen auf die Renaissance gerichtet sind. Er ist einer der Gründungsväter der modernen Architekturgeschichtsschreibung, die auf der systematischen und kritischen Untersuchung aller schriftlichen und künstlerischen Quellen beruht. Die Fähigkeit, sein Wissen, seine scharfe Beobachtungsgabe und sein Einfühlungsvermögen in die Architektur einzusetzen, um die grossen Architekten der Vergangenheit als lebende Personen – geradezu als unsere Zeitgenossen, die in unserer Kultur ständig gegenwärtig sind – vorzustellen, ist wohl Ackermans grösste Leistung. Sein Werk hat Architekturhistoriker wie Architekten entscheidend beeinflusst.

Ackermans erstes Hauptwerk, The Cortile del Belvedere, das 1954 erschien, behandelt Fragen des Stils, der Bedeutung und der Beziehung zum Altertum. Dieses Werk wurde zum Muster von Monographien zu einzelnen Gebäuden, besonders aus der Zeit der Renaissance und des Barocks, weil es alle schriftlichen und künstlerischen Quellen einer kritischen Prüfung unterzog und so zu einer plausiblen Rekonstruktion der ursprünglichen Absichten des Architekten gelangte. Mit einer Reihe einflussreicher und wissenschaftlicher Artikel, von denen viele 1991 in Distance Points: Essays in Theory and Renaissance Art and Architecture zusammengefasst wurden, öffnete Ackerman den Blick für ein neues Verständnis der italienischen Renaissance. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf bis dahin vernachlässigte Gebiete der Renaissancearchitektur wie etwa auf die Mailänder Bauten vor der Zeit Bramantes oder auf das Verhältnis zwischen der Mentalität der Renaissancearchitekten und der Architekturtheorie der Spätgotik. Seine Untersuchungen über die Baupraxis im Italien des 15. und 16. Jahrhunderts legten die Grundlage für die ganz moderne Forschungszeit zu Bauzeichnungen und Entwurfsmethoden.

Eine wichtige Phase von Ackermans Forschungen war Michelangelo gewidmet und gipfelte in der herausragenden Monographie The Architecture of Michelangelo, die 1961 in Englisch und danach auch in Italienisch, Spanisch, Französisch, Japanisch und Deutsch erschien. Dieses Buch konzentriert sich auf das Verhältnis von Michelangelos Auffassungen über Architektur zu den von ihm ausgeführten Bauten. Es bietet eine scharfsinnige Analyse seiner Werke und der ihnen jeweils vorausgehenden Entwürfe und legt den Akzent auf das physische und geistige Umfeld, in dem sie ausgeführt werden mussten. Nach Michelangelo wandte sich Ackerman Palladio zu und behandelte ihn in seinem 1966 erschienenen brillanten Buch Palladio als Architekten und Intellektuellen. Es gilt noch immer als beste Einführung zu Palladio und ist nicht nur in Englisch, sondern auch in Italienisch, Spanisch, Französisch, Japanisch und Deutsch erhältlich. Der Einfluss dieses Werkes war gewaltig, besonders hinsichtlich seiner innovativen Ausrichtung auf das Mäzenatentum und die Rolle der Auftraggeber für die Konstruktion der kulturellen Bedeutung von Architektur, besonders derjenigen von Landhäusern. Ackerman veröffentlichte einen kommentierten Bestandskatalog Palladio’s Villas im Jahre 1967 und verfolgte dieses Forschungsgebiet weiter, bis 1990 sein Buch The Villa: Form and Ideology of Country Houses erschien. Es stellt die Villa in einen grossen geschichtlichen Zusammenhang vom Altertum bis zur Aufklärung. Kürzlich erschienen auch italienische, französische und spanische Ausgaben dieses grundlegenden Werkes.

James Ackerman ist ein Gelehrter von grosser Originalität und Produktivität, ein talentierter Schriftsteller über Architektur und ein Professor, der vielen bedeutenden Forschern bei ihren ersten Schritten behilflich war. Er entwickelt weiterhin fruchtbare Gedanken zur Entwicklung der amerikanischen und europäischen Architekturgeschichte. Sein Werk ist ständig gewachsen und berücksichtigte immer auch die Veränderungen in anderen Fachgebieten und in der Welt. Dabei hat er sich stets von der Einsicht in die Rolle der Kultur und in die Verantwortung des Architekturhistorikers leiten lassen.

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