Deutschland

Ludwig Finscher

Balzan Preis 2006 für Geschichte der abendländischen Musik seit 1600

Für seine umfassende Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Musikwissenschaft, für seine scharfsinnigen und einprägsamen Erläuterungen musikalischer Kunstwerke, für seine tiefschürfenden Kommentare zu musikalischen Phänomenen sowie für die editorische Leitung der Neuausgabe der Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart, welche diese Erkenntnisse einem breiten Kreis von Musikern und Musikliebhabern zugänglich macht.

Ludwig Finscher (*1930 – †2020) zählt weltweit zu den bedeutendsten Musikwissenschaftlern und ist ein hervorragender Experte auf dem Gebiet der neueren Musikgeschichte.

Ludwig Finscher wurde 1930 in Kassel geboren und studierte von 1949 bis 1954 an der Universität Göttingen, wo er mit einer Dissertation über Die Messen und Motetten Loyset Compères promovierte. 1967 habilitierte er sich an der Universität Saarbrücken mit der Arbeit Das klassische Streichquartett und seine Grundlegung durch Joseph Haydn. Als Professor lehrte er an der Universität Frankfurt a.M. und später bis zu seiner Emeritierung an der Universität Heidelberg.

Seine wissenschaftlichen Arbeiten konzentrieren sich auf vier Bereiche; sie alle betreffen den historischen Zeitraum vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Seine umfangreichen Studien zum Streichquartett, zur Kammermusik und zu Joseph Haydn sind Standardwerke, ebenso seine Edition der zweibändigen Musik des 15. und 16. Jahrhunderts. Über 130 Aufsätze in wissenschaftlichen Publikationen belegen die historische Breite seiner Forschungen. Zu den Gesamtausgaben der Werke von Chr. W. Gluck, W.A. Mozart trug er ebenso bei wie zur lange vernachlässigten fundierten Edition der Kompositionen von Paul Hindemith. Zu den wichtigsten Initiativen Ludwig Finschers zählt die Neuauflage der 26-bändigen Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart, für die er nicht nur als Generalherausgeber, sondern auch als Autor von zirka vierzig zum Teil sehr umfangreichen Artikeln verantwortlich zeichnet. Auch wirkte er als Herausgeber der Capellae Apostolicae Sixtinaeque Collectanea Acta Monumenta.

Alle Arbeiten Ludwig Finschers sind von exzeptioneller Qualität; immer geht er auf die Primärquellen zurück und kommentiert die jeweils vorhandene Sekundärliteratur. Dabei fällt sein vornehm-zurückhaltender Charakter auf, der emotionelle öffentliche Auseinandersetzungen meidet und andere Meinungen gelten lässt. Es ist immer die Musik selbst, die er in das Zentrum seiner Darstellungen setzt, doch sieht er sie als Teil geistiger, kultureller, sozialer Geschehnisse, welche er in klaren Worten und mit Einfühlungsvermögen in vergangene Zeiten zu skizzieren versteht. Gerade seine verständliche, terminologisch prägnante Schreibweise hebt sich positiv ab von der Usance, durch neue Wortschöpfungen und vage Formulierungen gerne Aussagen zu relativieren. Als ein Beispiel für seinen Stil sei der Aufsatz Zum Begriff der Klassik in der Musik genannt, der vielleicht die beste Abhandlung über diesen komplexen Begriff darstellt.

Das grosse Ansehen Ludwig Finschers in der internationalen Fachwelt manifestiert sich in den hohen Ämtern (Präsident der deutschen Gesellschaft für Musikforschung, der Internationalen Gesellschaft für Musikwissenschaft) und in den ehrenvollen Mitgliedschaften zahlreicher Akademien in und ausserhalb Deutschlands und des Ordens Pour le Mérite.

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