Italien/USA und Frankreich

Alessandra Buonanno und Thibault Damour

Balzan Preis 2021 für Gravitation: physikalische und astrophysikalische Aspekte

Für ihre führende Rolle bei der Vorhersage von Gravitationswellen-Signalen, die erzeugt werden, wenn kompakte Objekte wie Neutronensterne und Schwarze Löcher aufeinandertreffen und miteinander verschmelzen. Dank ihrer Forschungen zum Nachweis von Gravitationswellen konnte die Allgemeine Relativitätstheorie als Gravitationstheorie bestätigt werden und ihre Forschung hat es den LIGO und Virgo Detektoren ermöglicht, Gravitationswellen in der Astronomie als neues und leistungsfähiges Fenster zum Universum zu etablieren.

Gravitationswellen stellen ein neues Beobachtungsfenster zum Weltall dar, und die Professoren Alessandra Buonanno und Thibault Damour entwickelten erfolgreich neue theoretische Methoden, um deren wissenschaftliches Potential umfassend zu nutzen.

Seit den späten 1990er-Jahren konzentrierten sich ihre Forschungen auf das Problem der Vorhersage von Gravitationswellen, die von aufeinandertreffenden und miteinander verschmelzenden Schwarzen Löchern ausgehen. Die präzise Vorhersage ist von grundlegender Bedeutung, um die winzig kleinen Gravitationswellen-Signale aus dem lauten Rauschen zu filtern und um Rückschlüsse auf die physikalischen Eigenschaften des Systems verschmelzender Objekte zu ziehen. Es muss eine sehr große Anzahl theoretischer Wellenformen (mit unterschiedlichen Massen, Spins und Orbitalparametern des Systems) berechnet und mit Daten abgeglichen werden. Daher sind sehr genaue und rasche Berechnungen von großer Wichtigkeit.

Alessandra Buonanno und Thibault Damour entwarfen einen raffinierten innovativen Formalismus (Effective-one-body-Formalismus, EOB), um das Zweikörperproblem der Allgemeinen Relativitätstheorie zu lösen, und so eine schnelle analytische Berechnung der Wellenformen zu ermöglichen. In nahezu 20 Jahren intensiver Arbeit haben sie gemeinsam mit ihren Studentinnen und Studenten, Post-Doktorandinnen und -Doktoranden sowie mit ihren Kolleginnen und Kollegen die EOB-Methode ausgebaut und perfektioniert, um höhere Obertöne, Spinpräzession und Gezeiteneffekte zu berücksichtigen. All diese Vorhersagen sind unerlässlich für die Wellenformmodelle asymmetrischer Binärsysteme und Neutronendoppelsterne. Dank einer breitgefächerten Zusammenarbeit zwischen Forscherinnen und Forschern aus den Bereichen der numerischen und der analytischen Relativitätstheorie als auch aus der Datenanalyse wurde die analytische EOB-Methode mit numerisch-relativistischen Simulationen kombiniert und in die Pipelines der LIGO/Virgo-Datenanalyse integriert. Die Methode war damit maβgebend für die Entdeckung und vor allem für die Interpretation von Gravitationswellen bei der Verschmelzung eines Binärsystems aus Schwarzen Löchern und für die Analyse der seitdem beobachteten Gravitationswellen-Signale. Buonannos und Damours EOB-Methode spielte auch bei der Durchführung der ersten Tests der Allgemeinen Relativität im Bereich ultrastarker Schwerkraft eine wichtige Rolle. Dank der Verwendung des EOB Formalismus konnte einwandfrei bestätigt werden, dass die Allgemeine Relativität eine extrem präzise Theorie der Gravitation ist.

Zudem ermöglichte es die Kombination der Messdaten der LIGO- und Virgo-Interferometer die Position von Gravitationswellenquellen im All genau zu bestimmen. Dadurch gelang es, die Quelle der Gravitationswellen mit der Röntgen- und γ-Strahlung und mit sichtbarem und infrarotem Licht zu verknüpfen, dies auf die Verschmelzung von zwei Neutronensternen zurückzuführen und die physikalischen Implikationen zu verstehen. Dies war ein ausschlaggebender Wendepunkt in der sogenannten Multimessenger Astronomie.

Die theoretischen Fortschritte, welche Alessandra Buonanno und Thibault Damour erzielt haben, werden auch für die Interpretation zukünftiger Daten in der Präzisions-Astronomie des Weltrauminterferometers LISA entscheidend sein, aber auch für neue Observatorien auf der Erde wie das Einstein-Teleskop und der Cosmic Explorer, für die genaue Kenntnisse der Wellenformen den Schlüssel zur bestmöglichen Nutzung der Messdaten darstellen und welche die Zukunft der astronomischen Forschung mitprägen werden.

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