Sitz: Schweiz

Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge

Balzan Preis 1986 für Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern

Für die grossartigen, seit 1951 vollbrachten Leistungen zugunsten unzähliger Menschen jeglichen Alters und Standes, die infolge ständiger politischer, wirtschaftlicher und sozialer Konflikte ihre Heimat verlassen mussten und es mittel- und wehrlos schwer haben, sich in nationale emeinschaften zu integrieren, deren Sprache, Kultur und Gewohnheiten ihnen fremd sind.

Nach Ende des Ersten und Zweiten Weltkriegs begannen die kriegsführenden Lander mit der Wiederherstellung einer internationalen Gemeinschaft im Sinne einer moralischen und rechtlichen Ordnung. So entstanden unter anderem der Völkerbund, die Vereinten Nationen, der Europarat, die Europäische Gemeinschaft, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Europäische Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz jedes einzelnen Menschen und zur Wahrung seiner Rechte «ohne Rücksicht auf Geschlecht, Rasse, Farbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit und soziale Klasse».

Doch der Wille, wesentliche Prinzipien der Menschlichkeit zu verwirklichen -was in diesen und anderen Vereinbarungen angestrebt wird – konnte noch nicht ganz in die Tat umgesetzt werden. Es bleibt noch sehr viel zu tun. In der Tat sind die beiden Nachkriegszeiten gekennzeichnet durch Dauerkonflikte, durch soziale und wirtschaftliche Krisen, durch die ganze Volker umgesiedelt und viele Familien auseinandergerissen wurden. Männer und Frauen jeglichen Alters und Standes sahen sich als Opfer solcher Konflikte gezwungen, aus ihrem Heimatland zu flüchten und waren schutz· und mittellos, ohne Personalausweise und Hilfe, den enormen Schwierigkeiten ausgesetzt, sich in nationale Gemeinschaften zu integrieren, die ihnen sprachlich, kulturell und bildungsmässig fremd waren und die nicht immer willig waren, sie aufzunehmen.

Das Fehlen entsprechender Schutz- und Fürsorgeeinrichtungen hatte für Individuen wie für ganze Familien ungezählte Tragödien zur Folge, denen gegenüber das Gefühl menschlicher Solidarität nicht gleichgültig bleiben konnte. In der Tat wurde das Schicksal der Vertriebenen mit der ganzen Last ihrer Leiden zu einem Anliegen der Regierungen und der grossen internationalen Organisationen.

Bereits 1921 gründete der Völkerbund ein Hochkommissariat für Flüchtlinge, und Fridtjof Nansen wurde zum Vorsitzenden erkoren; 1931 wurde dieses Hochkommissariat in das Internationale Komitee für Flüchtlinge umgewandelt und später, 1948, in die Internationale Organisation für Flüchtlinge; schliesslich, am 3. Dezember 1949, beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen, zum 1. Januar 1951 das Hochkommissariat für Flüchtlinge zu gründen, mit dem Zweck, Flüchtlingen Asyl zu gewahren, Rechtsschutz zu bieten und ihnen materielle Hilfe zu leisten. Diese gewaltige Aufgabe wird immer schwieriger mit dem Anwachs der Flüchtlingsstrome, mit der Entwertung des in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verkündeten Asylrechts in vielen Teilen der Erde und mit dem Aufkommen fremdenfeindlicher Bewegungen. Dies macht eine immer komplexere Organisations- und Operationsstruktur sowie ein entsprechend steigendes Budget nötig. Dabei ist daran zu erinnern, dass das Hochkommissariat finanziell nicht von den Vereinten Nationen abhängt, sondern ausschliesslich finanziert wird von freiwilligen Beitragen seitens der Mitgliedstaaten der Genfer Konvention vom 28.7.1951 über das Flüchtlingswesen, oder seitens privater Organisationen.

Die Grundordnung des Hochkommissariats-in der unter anderem festgehalten wird, dass die Tätigkeit dieses Kommissariats «ausschliesslich humanitärer und sozialer Natur ohne jeglichen politischen Charakter» ist – wurde am 14.12.1950 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen genehmigt und hatte die genannte Konvention vorn 28.7.1951 zur Folge. Daraus geht hervor, dass das Hochkommissariat sich für jedwelchen Menschen einzusetzen hat, der sich aus Furcht vor Verfolgung infolge seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität oder seiner politischen Anschauungen ausserhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder wo er zu wohn n pflegt.                ·

In den Jahresberichten des Hoben Kommissars findet man eine Gesamtübersicht der umfangreichen Aufgaben, der grossen Schwierigkeiten und der erzielten Ergebnisse. Kurz zusammengefasst arbeitet das Hochkommissariat ununterbrochen für die Gewährleistung des Asylrechts und des Rechtsschutzes der Flüchtlinge in den Aufnahmeländern; es setzt sich dafür ein, dass ihnen die Möglichkeit zu entgeltlicher Arbeit, zum Schulbesuch, zur Niederlassung, zur Kranken- und sonstigen Sozialfürsorge geboten wird; es gibt den Flüchtlingen die Sicherheit, nicht ausgewiesen oder zwangsrepatriiert zu werden. Das Hochkommissariat unterstützt hingegen die freiwillige Repatriierung von Flüchtlingen und deren Wiedereingliederung in ihre Heimat. In vielen Fällen besorgt es selbst den Lebensunterhalt und die ärztliche Betreuung.

Neben der Tätigkeit der direkten Hilfeleistungen, welche allein im Jahre 1983 einen Aufwand von 411,2 Millionen Dollars benötigten, wirkt das Hochkommissariat unermüdlich auf diplomatischer Ebene, indem es sich für die Überarbeitung und Vervollständigung jener Normen und Abkommen einsetzt, welche die internationale Gemeinschaft zum Schutz der Flüchtlinge festgelegt hatte. Im Laufe der Zeit ist es in der Tat vorgekommen, dass bestimmte Staaten den Asylschutz begrenzten oder gar verweigerten aus Furcht, ihre Beziehungen zu den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge zu gefährden. Es ergab sich auch, dass verschiedene Staaten immer widerwilliger den Sonderstatus der Flüchtlinge anerkannten und dazu neigten, sie als gewöhnliche Ausländer zu betrachten. Zu diesen beunruhigenden Tatsachen kommt hinzu, dass die persönliche Sicherheit der Flüchtlinge nach wie vor bedroht und verletzt wird durch Piraterieakte, durch das Unterlassen von Hilfeleistung auf offener See, durch militärische Angriffe auf Flüchtlingslager. Jedenfalls hat das Hochkommissariat trotz der Schwierigkeiten, welche die internationalen Spannungen verursachen, seit seiner Gründung bis auf den heutigen Tag unschätzbare Dienste an Millionen von Menschen erwiesen und ihnen dazu verholfen, ein neues Leben zu beginnen. Es hat dazu beigetragen, das schwere Problem der illegalen Einwanderung und die damit verbundenen Gefahren zu verringern, welche die innere Sicherheit der Staaten bedrohen.

Das Gesamtwerk des Hochkommissariats ist von den Leitgedanken der Humanität und der Brüderlichkeit unter den Völkern geprägt, deren Grundlage der Frieden ist; Leitgedanken, auf die in den Artikeln 2 und 3 der Statuten der Balzan-Stiftung besonders hingewiesen wird.

Das Hochkommissariat hat sich einer der schwierigsten Aufgaben, denen sich die Menschheit heute konfrontiert sieht, mit Hingabe, Sachverstand und unvergleichlich konkreten Ergebnissen angenommen.

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